Mittwoch, 16. März 2011

Hannes Stein zählt die Seelen

Hannes Stein ist die schöne Seele unter den expendables auf der Achse des Guten, ein Mann mit interessanten intellektuellen Positionen

"Ich neige im Moment ganz besonders [sic!] zu beiden Haltungen. Eine interessante intellektuelle Position" (näheres hier)

und kühnem Sinn; zitternd vor Kühnheit hat er zu fragen gewagt

""Ja, gehört sich das denn? Schamlos auf die Kriegsverletzung eines politischen Gegners hinzuweisen? Das unfeine Wort “Krüppel” zu verwenden? Das politisches Programm des Gegners mit seiner Behinderung zu erklären? Natürlich gehört es sich nicht. Gerade darum ist es ja so treffend. " (Quelle)

Also, Hannes Stein scheut sich nicht vor interessanten intellektuellen Positionen und ungehöriger Schamlosigkeit; wenn es brennt, ist er zur Stelle: Zahlen

"Zahlen sind etwas Kaltes. ... Ich wage jetzt ein paar Voraussagen in kalten Zahlen ... 
Die vier Reaktorunfälle in Japan werden ungefähr 30 Menschenleben fordern. Zu dieser Zahl komme ich aufgrund folgender Überlegung: Experten sagen, dass diese Unfälle auf der Skala des Unglücks etwa zwischen dem Zwischenfall von „Three Miles Island“ in Pennsylvania und der Katastrophe von Tschernobyl liegen. Der Zwischenfall „Three Miles Island“ forderte ungefähr [sic!] null Menschenleben, wie die BBC meldete. Die Katastrophe von Tschernobyl war schlimmer: vielleicht – sehr grobe Schätzung , die eher zu hoch als zu niedrig liegt – 60 Menschen verloren ihr Leben ..."

"ungefähr null" ist in der Mengenlehre nicht von schlechten Eltern. Ich bin jedoch der letzte, der die rechnende Vernunft in Frage stellt; rückt Hannes Stein nicht die Maßstäbe zurecht? Tausende von zu erwartenden Opfern des Oberst Ghaddafi, weniger als 10.000 zu erwartende Opfer von Erdbeben und Tsunami in Japan, hunderte, die in Japan an Vergiftungen noch dahinsiechen werden, 11.000 zu erwartende Opfer der Cholera in Haiti - im Vergleich dazu 30 Seelen, die "direkt auf die Reaktorkatastrophe (in Japan) zurückzuführen" sein werden, so die Wette von Hannes Stein.

"Die schlimmsten Spätfolgen der Katastrophe von Tschernobyl waren übrigens psychologischer Natur: Trunksucht und Depressionen. Um die Japaner, die nie unter einer kommunistischen Diktatur leben mussten, mache ich mir in dieser Hinsicht nicht so viele Sorgen."  - Nun ja, das klingt erst mal plausibel, Rechnen mit kalten Zahlen und Statistik lehren uns jedoch, dass wir nicht allzusehr auf unsere Intuition, den gesunden Menschenverstand und unsere Hypothesen, auch wenn sie noch so verführerisch und schön sind,  stützen sollten: Japan hat, so ein Artikel in der WELT, die höchste Selbsmordrate weltweit. "Im vergangenen Jahr haben sich über 30.000 Japaner umgebracht ... Japans Ministerpräsident Naoto Kan bezeichnete die Zahlen am Dienstag als Beweis, dass zu viele Menschen wirtschaftlichem und emotionalem Leid ausgesetzt seien. „Es gibt viele Gründe für Selbstmord“, sagte Kan. „Wenn wir sie reduzieren, wäre dies ein Weg zu einer 'Gesellschaft mit einem Minimum an Unzufriedenheit und Elend'“."

Hannes Stein weiß natürlich, dass die aufrechnende Vernunft (Kommunismus vs. Japan) die Frage nach dem "Warum?" nicht letztgültig beantworten kann. Dies könnte, so Hannes Stein, nur die Frage nach Gott

"Und zu der Frage „Wie kann Gott all das Böse nur zulassen?“ kommen wir in der nächsten Folge. Oder wir lesen das Buch Hiob in der hebräischen Bibel, das eine eher ungemütliche Antwort bereithält." - Ich warte auf die nächste Folge, weil ich z.Z. lieber Michel Houellebecqs neues Buch "Karte und Gebiet" gemütlich lesen will.

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